Donnerstag, 29. September 2011

Stimmlos in Rundfunk und Fernsehen

Im Zusammenhang mit der grandios gescheiterten Wahl des CDU-Parteisoldaten und bisherigen Chefredakteurs der Leipziger Volkszeitung Bernd Hilder zum neuen MDR-Intendanten trat ein Gremium ins Licht der Öffentlichkeit, welches sonst oft übersehen wird, hier aber einmal all seine Macht unter Beweis stellte. Der MDR-Rundfunkrat nämlich ließ seine Muskeln spielen und den (einzigen) Wunschkandidaten der CDU-geführten Staatskanzleien durchfallen. Ein vorläufiger Sieg für die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt.

Doch wer sind eigentlich diese 43 Menschen, welche derart über die Zukunft des selbst ernannten Heimatsenders entscheiden können? Laut mdr.de handelt es sich um Vertreter "gesellschaftlich relevanter Gruppen" in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Und so finden wir dann auch neun Parteienvertreter (meist CDU), acht Vertreter der Wirtschaft (Arbeitgeberverband, Handelskammer etc.), sechs Mitglieder aus religiösen Dunstkreisen (Evangelische und Katholische Kirchen, Caritas und Jüdische Gemeinde) sowie die Verfolgten des Naziregimes und des Stalinismus, natürlich getrennt voneinander. Auch BUND, Journalistenverband und DGB (gleich zu zwei) sind mit von der Partie. Mit dem thüringischen Regierungssprecher und Staatssekretär Peter Zimmermann ist auch ein gebürtiger Bautzner Mitglied im Gremium; während Oberbürgermeister Christian Schramm sogar einen Platz im Verwaltungsrat innehat.

Obwohl der MDR der öffentlich-rechtliche Sender im sorbischen Siedlungsgebiet ist, als solcher von sorbischen Gebührenzahlern mitfinanziert wird und wir hier nun einmal gerade jener Bevölkerungsteil sind, dessen medienpolitischen Bedürfnisse sich doch deutlich von jenen der Mehrheitsbevölkerung unterscheiden, führt allerdings die Suche nach einem sorbischen Vertreter im Rundfunkrat ins Leere. Was die Frage aufwirft, was der Landesverein Sächsischer Heimatschutz hat, das wir nicht haben? Ach ja, "gesellschaftliche Relevanz" natürlich. Zumindest passt die Tatsache, dass die einzige anerkannte nationale Minderheit im Sendegebiet des MDR keinerlei Einfluss auf dessen Inhalte hat, ins Bild eines Senders, der eine halbe Stunde sorbischen Fernsehens im Monat für ausreichend hält und sich damit europaweit blamiert.


Komplette Mitgliederliste des Rundfunkrates

Mittwoch, 14. September 2011

Kein deutscher Sender im sorbischen Haus

In den vergangenen Wochen hatte die Diskussion um die Zukunft des ehemaligen Cafés Bjesada im Serbski dom - dem Haus der Sorben in Bautzen - die Gemüter erhitzt. Nun ist der geplante Umzug von Radio Lausitz in die Räumlichkeiten vorerst geplatzt. Die Domowina legte als Eigentümerin des Gebäudes am Postplatz ihr Veto ein. Zuvor jedoch hatte Marko Suchy - in seiner Eigenschaft als Stiftungsdirektor und damit Verwalter der Immobilie - bereits einen Vertrag mit dem Sender unterzeichnet. Der springende Punkt: In den Vereinbarungen zwischen Domowina und Stiftung ist ausdrücklich davon die Rede, dass wirtschaftliche Interessen (z.B. 15.000 € Miete) nicht über sorbischen Interessen stehen dürfen. Das heißt im Klartext: Die Stiftung hat die Aufgabe, das Haus zu verwalten, muss jedoch dafür sorgen, dass es mit sorbischen Inhalten gefüllt wird.


Nun handelt es sich bei Radio Lausitz um einen rein deutschsprachigen Sender; Sorbisch wurde dort bis zum heutigen Tag nicht gesprochen. Der Kompromissvorschlag David Statniks, Radio Lausitz könne ja einen gewissen Anteil an sorbischen Inhalten anbieten, hatte offensichtlich keinen Erfolg. Das Geschrei ist groß; im Netz reden manche schon wieder vom "zänkischen Sorben". Doch ist das wirklich das Problem? Nein, im Kern haben wir es mit einer weiteren Machtprobe zwischen Stiftung und Domowina zu tun, diesmal ausgetragen auf dem Schlachtfeld der sorbischen Identität. Der Stiftungsdirektor hat sich mit der voreiligen Unterzeichnung des Mietvertrages selbst eine Falle gestellt.

Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Fehlschuss nicht zum Imageschaden für das sorbische Volk an sich führt (was durchaus zu erwarten wäre) und natürlich steht jetzt die Frage im Raum, aus welchem Geldtopf die "Entschädigung" für Radio Lausitz kommen wird. Tatsache ist: Schuld ist zumindest dieses Mal nicht die Domowina. Sie hat ihr gutes Recht als Eigentümerin wahrgenommen und ihre Pflicht als Dachorganisation des sorbischen Volkes erfüllt.